Zauberhafte Illusionen zu Ehren von Bellachini

ST. MARTIN: Magier Jo Everest erinnert mit seiner Schau an den berühmten Sohn des Weindorfs

 Zauberhafte Illusionen zu Ehren von Bellachini
DIE RHEINPFALZ, 10.09.2011
Zauberhafte Illusionen zu Ehren von Bellachini ST. MARTIN: Magier Jo Everest erinnert mit seiner Schau an den berühmten Sohn des Weindorfs - Besitzer eines großen Zauberarchivs Mit der "schwebenden Jungfrau", "dem verschwindenden Pferd und dem Kaninchen aus dem Hut wurde Franz Schweizer berühmt: Als Magier "Bellachini" verblüffte er jahrzehntelang Menschen in ganz Deutschland. In diesem Jahr hätte der aus St. Martin stammende Zauberkünstler seinen 125. Geburtstag gefeiert. Deshalb hat der Förderverein des Heimatvereins unter dem Vorsitz von Josef Kiefer den Zauberer und Illusionskünstler Jo Everest aus dem Erzgebirge nach St. Martin eingeladen. Bereits gestern Vormittag "verzauberte" er die Schüler der Grundschule, heute Abend tritt er im Heimatmuseum in der Bergstraße auf. Jens- Uwe Günzel, wie der moderne Magier mit bürgerlichem Namen heißt, stammt aus Annaberg-Buchholz und besitzt, wie er sagt, "das größte Zauberkunstarchiv Deutschlands". In seiner Sammlung vertreten sind auch Erinnerungsstücke an "Bellachini", der von 1939 bis 1951 im nur wenige Kilometer entfernten Ehrenfriedersdorf lebte. Geboren wurde Franz Schweizer 1886 in St. Martin als Sohn eines Schneidermeisters. "Bereits als Jugendlicher", erklärt Franz Josef Ziegler, Kunsthistoriker und Eigentümer des Heimatmuseums, "ist er durchgebrannt, um die Welt zu entdecken." 1904 sei er so nach Frankfurt am Main gekommen, wo er als Gehilfe des Magiers beim königlich-rumänischen Zirkus "Sidoli" erste Erfahrungen mit der Zauberkunst gemacht habe. Bald darauf sei er, zunächst unter dem Pseudonym "Franzardi", mit seiner Frau Ida und einer eigenen Truppe auf Tournee quer durch Deutschland gegangen. Als "Mahome" oder "Citha, die Seherin" habe Ida Schweizer, so Ziegler weiter, "oft den Mittelteil des dreiteiligen Programms gestaltet". Außerdem habe sie die Rolle der schwebenden Jungfrau übernommen. Schweizers Frau Ida trat auf als "Citha, die Seherin". Wie Jo Everest berichtet, übernahm Schweizer nach dem Tod des Marburger Zaubereres Ludwig Strack (1861-1930), den er in Görlitz kennen gelernt hatte, mit Genehmigung seiner Witwe dessen Künstlernamen "Bellachini". l934 sei ihm der Auftritt unter diesem Pseudonym jedoch verboten worden, da der "Ur-Bellachini" Samuel Berlach ein polnischer Jude gewesen sei. Fortan, so Ziegler, trat Schweizer unter dem in seiner pfälzischen Heimat weitgehend unbekannten Name "Garvin" auf und wurde während des Zweiten Weltkriegs zur "Frontunterhaltung" verpflichtet. "Der Krieg", erklärt der Kunsthistoriker weiter, "hat ihn allerdings total ruiniert". So habe Schweizer durch den Zweiten Weltkrieg und die anschließende Währungsreform beinahe sein gesamtes Vermögen verloren. "Völlig verarmt" sei er nach St. Martin zurückgekehrt, wo er sich noch in den 30er Jahren selbst für karitative Zwecke eingesetzt hatte. Seine letzte Vorstellung gab "Bellachini", wie die Bewohner des Dorfes ihn noch immer nannten, 1966. Am 6. Oktober 1969 verstarb er. Noch heute erinnert der "Bellachini-Brunnen" im St. Martiner Tal an Franz Schweizer - ein wahrhaftiger "Wunderbrunnen", wie Franz Josef Ziegler erläutert: Als so genannter Magier Jo Everest zeigt heute im St. Martiner Heimatmuseum auch einige Tricks von Bellachini (auf dem Plakat). FOTO: LINZMEIER-MEHN "artesischer Brunnen" nutze er allein das Gefalle des Berghangs und den daraus entstehenden Druck, um ohne technische Hilfe eine rund zehn Meter hohe Wasserfontäne zu erzeugen. Um Franz Schweizer ein weiteres künstlerisches Denkmal zu setzen, präsentiert Jo Everest heute Abend im Heimatmuseum St. Martin eine "Hommage an Bellachini". In seinem gut 90-minütigen Programm zeigt der Illusionskünstler mit dem "chinesischen Ringspiel", der "Flucrjtkiste" und telepathischen Tricks auch Kunststücke, die schon Franz Schweizer berühmt machten. Wichtig ist dem 33-Jährigen Magier aus dem Erzgebirge dabei, sein Publikum in die Darbietung einzubeziehen - "so können die Menschen ihre Alltagssorgen vergessen." Unter anderem wird er wie sein Vorgänger einem der Zuschauer eine Münze aus der Nase ziehen. Karten gibt es für 10 Euro an der Abendkasse, (den) TERMIN Vorstellung von Jo Everest heute, Samstag, 20 Uhr, im Heimatmuseum St. Martin, Bergstraße 35.
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